WDR/Arte
Swing Stories
800 verkleidete Menschen strömen in einen Berliner Ballsaal. Im Stil der zwanziger, dreißiger und vierziger Jahre erwartet sie auf der „Bohème Sauvage“ Nostalgie, Glamour und Ekstase. Dazu heizt „The Goodnight Circus“ mit anarchich swingender Tanzmusik ein. Swing erlebt eine nie dagewesene Renaissance. „Swing – das ist die große Liebe meines Lebens“, gesteht Big-Band-Leader Andrej Hermlin.
Mit seinem 14-köpfigen „Swing Dance Orchestra“ spielt er Klassiker von Benny Goodman, Ella Fitzgerald oder Tommy Doresey. Hermlin ist Perfektionist. Nicht nur die Pulte, hinter denen sein Orchester sitzt, sehen aus wie die Vorbilder aus den 30ern. Vom Schuh über den Anzug bis hin zur letzten mit Pomade in Form gebrachten Haarsträhne – alles ist wie früher. Auch privat überlässt Andrej Hermlin nichts dem Zufall. Er fährt ein Buick-Oldtimer und in seinem Haus ist alles, sogar der Heizungsthermostat, perfektes Abbild der damaligen Zeit.
Aber auch ganz normale Menschen sind dem Swing verfallen. So wie der Grafikdesigner Friedemann Encke, der schlichtweg die gute Laune der Musik und des Tanzes genießt: „Achten Sie mal darauf, fast alle Swingtänzer lachen, wenn sie tanzen – anders als die Tangotänzer.“ Friedemann ist Teil einer pulsierenden Szene, die über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist. Zwei junge Musikerinnen aus Litauen haben ihr Herz an die neue Swing-Metropole Berlin verloren. Als Tänzerinnen feiern sie die rauschenden Feste mit; als Duo „Elle G.“ bringen sie mit ihren nostalgischen, gedankenverlorenen Melodien noch eine andersartige, neue Klangfarbe in das swingende Berlin.
Der Musik- und Tanzfilm von Andreas Morell fängt das beseelte Gefühl dieser brodelnden, lebenslustigen und wilden Retro-Gesellschaft ein. Stürzt sich mitten hinein in eine „Bohème Sauvage“-Veranstaltung, genießt den satten Sound des „Swing Dance Orchestra“ und hat auch für die feinen Töne des Duos „Elle G.“ offene Ohren.